Mittwoch, 13. Dezember 2023, 18-20 Uhr

Vortrag von Jessica May

Holocaust: Ein US-Melodrama erschüttert im Januar 1979 die Republik - Eine Reflexion aus heutiger Perspektive

Die vierteilige Fernsehserie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ (1978 USA) ist eine NBC-Produktion unter der Regie von Marvin Chomsky, nach einem Drehbuch von Gerald Green. Entstanden ist die Serie als Antwort auf die ABC-Produktion „Roots“.

Mit den Worten von Frank Bösch stellt “Holocaust” einen Wendepunkt sowohl in der deutschen Fernsehgeschichte als auch ein kulturelles Erweckungserlebnis in der deutschen Gesellschaft dar.

Die Serie gab erstmals sowohl Opfern als auch Tätern ein Gesicht. Dem Publikum wurden zwei exemplarische Familien als Identifikationspersonal präsentiert, um ihm die Möglichkeit zu bieten, das individuelle Schicksal hinter dem Massenmord sowie die zunehmende Radikalisierung und Bürokratisierung des NS-Regimes zu verstehen.

“Holocaust” verlagerte die Diskussion über die deutsche NS-Vergangenheit aus dem Elfenbeinturm der geisteswissenschaftlichen Fakultäten an den Küchentisch der Familien.  Der Eklat bestand vor allem darin, dass nicht ein sorgsam erarbeitetes Geschichtswerk, sondern eine vierteilige Hollywood-Serie, die historisch teilweise ungenau inszeniert war, die breite deutsche Öffentlichkeit dazu bewegte, Fragen über ihre Vergangenheit zu stellen. In den Worten des Spiegels: “Westdeutschlands Historiker, denen die »Holocaust«-Ausstrahlung zu einem Schwarzen Freitag geworden ist, haben einigen Grund, über Sinn und Nutzen ihrer Arbeit nachzudenken.”

Die US-Serie hat es geschafft, das Unfassbare für ein breites Publikum vorstellbar zu machen. “Holocaust” formt aus dem nationalsozialistischen Geschichtskapitel eine lebendige Szene. Die Serie steht für das Aufkommen eines sich anbahnenden Geschichtsbooms sowie einen neuen historischen Blick “von unten”.

Im Gegensatz zu Filmen wie “Schindlers Liste” oder “Der Junge im gestreiften Pyjama” ist “Holocaust” in der jüngeren Generation nahezu unbekannt, die Frage ist warum?

Der Vortrag will eine Anregung zur Erörterung der sozialen Bedeutsamkeit der Serie “Holocaust” als historisches Melodrama geben. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit eine ästhetische Darstellung des Holocaust ethisch vertretbar ist und welche Rolle die “deutsche Schuld” in der Darstellungsfreiheit auch von deutschen Regisseuren spielt.

Veranstaltungsort: Historischer Nordbahnhof, Ostring 15

Zu dem Vortrag sind Sie herzlich eingeladen. Wegen der begrenzten Raumkapazitäten bitten wir um Anmeldung unter: b.faulenbach@initiative-nordbahnhof-bochum.de