Mit großer Erschütterung und Bewegung haben die Mitglieder und der Vorstand des Bochumer Gedenkorts Nordbahnhof auf die Nachricht reagiert, dass Bernd Faulenbach am 15. Juni 2024 verstorben ist. Er hatte sich zuvor sehr zurückgehalten, von seiner langen, schweren Erkrankung zu sprechen, und stattdessen seine Kräfte bis zuletzt seinen vielfältigen wissenschaftlichen und öffentlichen Aktivitäten gewidmet.
Bei einer bald ins Ausgelassene umschlagenden Festveranstaltung anlässlich des 80. Geburtstags von Bernd Faulenbach vor wenigen Monaten war seine überbordende Schaffenskraft, bei der er vor allem wissenschaftliche Forschung und Erinnerungskultur verknüpfte, ein Leitmotiv. So war er nicht nur ein sehr beliebter und erfolgreicher Hochschullehrer. Vielmehr war er zugleich ein außerordentlich umtriebiger Netzwerker der Erinnerungskultur, der die Rollen des Public Historian und des eng der Sozialdemokratie verbundenen Public Intellectual brillant vereinigte. Zu seinen vielfältigen Aktivitäten auf diesem Gebiet gehörte nicht zuletzt auch sein gut 10-jähriges Engagement für den Bochumer Gedenkort Nordbahnhof, der ohne sein energisches Wirken nicht zustande gekommen wäre.
Nicht zuletzt ist es Bernd Faulenbach, der als erster Vorsitzender zugleich das Gesicht des 2016 gegründeten Vereins Initiative Nordbahnhof wurde, zu verdanken, dass der Nordbahnhof überhaupt noch steht: Ihm gelang es 2015 den Abrissantrag des zwischenzeitlichen Eigentümers – der Fiege Brauerei – zu stoppen, indem er erreichte, dass der Nordbahnhof unter Denkmalschutz gestellt wurde. Bernd Faulenbach, dessen Organisationskraft legendär war, blieb auch der rastlose Motor bei den komplizierten Verhandlungen, die schließlich dazu führten, dass in Kooperation mit der Stadt Bochum und der Ruhr-Universität Bochum zwei Räume in der Schalterhalle des ehemaligen Bahnhofs gemietet werden konnten. Dort wurde 2021 ein Gedenk- und Erinnerungsort für die in der NS-Zeit von Bochum aus erfolgten Deportationen eingeweiht. Bei seiner zu diesem Anlass gehaltenen Rede erklärte Bernd Faulenbach: „Offenbar braucht das öffentliche Bewusstsein Orte und sichtbare Zeichen, um sich an bestimmte Themen der Vergangenheit zu erinnern; sie bilden so etwas wie Kristallisationspunkte des historischen Bewusstseins.“
Die weiteren Arbeiten zum Aufbau des Gedenk- und Erinnerungsortes Nordbahnhof und vor allem die Entwicklung der Dauerausstellung unter dem Titel „Drehscheibe des Terrors“ hat Bernd Faulenbach mit Rat und Tat begleitet. Dabei hat er immer wieder seine Expertise als bundesweit tätiger Akteur im Bereich der Erinnerungsarbeit eingebracht. Er hat sich sehr gewünscht, an der Eröffnung der Ausstellung im Oktober dieses Jahres teilnehmen zu können, doch war ihm dies nicht mehr vergönnt.
Dass Menschen, die ins neunte Lebensjahrzehnt eingetreten sind, nicht nur eine schmerzliche Lücke in Beziehungen und Freundschaften, sondern auch in laufende Arbeitszusammenhänge schlagen, ist vermutlich eher die Ausnahme. Bernd Faulenbach war bis zum letzten Tag treibende Kraft auf vielen Tätigkeitsfeldern und widmete sich buchstäblich bis zuletzt auch dem Gedenkort Nordbahnhof. Am größten ist aber die Lücke, die er als Mensch hinterlässt, der mit seiner Neugierde, Diskussionslust und Warmherzigkeit uns allen sehr nahe stand. Wir vermissen ihn sehr und wir werden ihn nicht vergessen.
Constantin Goschler